Sarah
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Samstag, 10. August 2024
“Am Wochenende fahre ich nach Hause.”
Seit ich von Zuhause ausgezogen bin, hab ich diesen Satz schon oft gesagt, wenn ich meine Familie besuchen geh.
Ich find das irgendwie spannend, weil ich, wenn ich von meiner Familie wieder zurück in meine Wohnung fahr, viel mehr das Gefühl hab, nach Hause zu gehen.
Seit ich für mein Studium nach Tübingen gezogen bin, fühl ich mich hier total wohl. Ich wohn in ner WG und bin da richtig angekommen. Zuhause, das ist für mich mein kuscheliges kleines Wohnheimzimmer und diese total hübsche Stadt.
Und trotzdem macht es ja auch irgendwie Sinn zu sagen, dass ich nach Hause geh, wenn ich meine Familie besuch. Auch wenn ich nicht mehr dort wohne: Meine Familie, das sind immer noch die Menschen, mit denen ich fast mein ganzes Leben zusammengelebt hab und die mich mehr als alles Andere geprägt haben. Und ich fühl mich auch einfach zuhause, wenn ich bei den Menschen bin, mit denen ich mich verbunden fühl. Meine Familie gehört da auf jeden Fall dazu.
Vielleicht bin ich jetzt einfach an beiden Orten zuhause, und kann das genießen.
Ein Zuhause kann also an vielen Orten sein: bei den Eltern, in ner WG, mit nem Partner oder auch alleine; einfach ein Ort, an dem man sich wohl und geborgen fühlt. Und davon kann man ja auch mehr als nur einen haben.
Sarah
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Freitag, 09. August 2024
“Der Bus ist meine Kirche.” Ich find, dieser Satz klingt erst mal komisch. Was hat denn der Bus mit der Kirche zu tun? Die Kirche, das ist doch n heiliger Ort - und der Bus ist so ziemlich der alltäglichste, den ich mir vorstellen kann. Aber genau das hat die Künstlerin und Schriftstellerin Jenny Odell in nem Vortrag gesagt.
Jenny Odell beschäftigt sich in ihrer Arbeit damit, wie wir unsere Zeit wahrnehmen und verbringen. Der Vortrag, den ich angehört habe, heißt: “Nichts tun”. Und darum geht‘s ihr auch: Immer wieder mal nichts tun, im Moment ankommen und Platz für seine eigenen Gedanken haben. Das kann man in der Kirche.
Man sitzt dort mit Menschen zusammen, mit denen man sonst vielleicht nichts zu tun hat, und hat Zeit, über seine Existenz nachzudenken. Sie persönlich geht nicht in die Kirche, aber sie macht genau das im Bus.
Das ist mir irgendwie im Kopf geblieben. Ihre Beschreibung von Kirche, das passt für mich ganz gut. Ich find‘s aber voll spannend, dass sie diesen Ort für sich auch woanders finden kann.
Ich glaub, ich will mir das so bisschen wie ne Challenge vornehmen und schauen, wo ich in meinem Alltag Orte finde, an denen ich mir Raum für solche Gedanken nehmen kann. Und vielleicht kann auch ich im Bus ja noch Neues entdecken.
Sarah
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Donnerstag, 08. August 2024
Ich lauf fast immer mit Kopfhörern durch die Gegend. Egal wohin ich gerade auf dem Weg bin, begleitet mich ein Podcast, ein Hörbuch oder ne Playlist.
Ich find‘s ziemlich cool, dass ich mit Podcasts und Hörbüchern ganz nebenbei was lernen kann, und wenn ich unterwegs Musik hör, krieg ich einfach gute Laune.
In letzter Zeit hab ich aber auf dem Weg zur Uni oder in die Stadt die Kopfhörer auch häufiger mal in der Tasche gelassen. Als die mal keinen Akku hatten, hab ich nämlich gemerkt, was ich alles nicht hör, wenn ich sie drin hab.
Ich wohn ganz nah an nem Fluss und lauf dort fast jeden Tag entlang. Das Rauschen vom Wasser und das Zwitschern der Vögel, die in den Bäumen am Ufer sitzen, hab ich davor gar nicht bemerkt. Und ich verzichte dann doch lieber auf den ein oder anderen Podcast, um das ‘n bisschen zu genießen.
Ich glaub, es gibt ne Menge Dinge, die da sind, die wir aber nicht hören, wenn wir uns dafür nicht öffnen und hinhören. Mit Gott geht’s mir manchmal genauso. Da acht ich nur auf den Alltag und Stress, so bisschen, als hätt ich auch da die ganze Zeit Kopfhörer drin.
Aber ich weiß, wenn ich mir wieder die Zeit nehm und zu Ruhe komme, dann merk ich auch wieder, dass da jemand ist. Jemand, der mir sagt: “Dein Leben, deine Zeit hier, das ist was Besonderes. Verlier das Wichtige nicht aus den Augen”.  
Und diese Stimme ist, wie das Flussrauschen, immer da, egal ob ich gerade hinhöre, oder nicht. Aber ich möchte mir in meinem Leben jetzt generell mehr Zeit nehmen, um genau hinzuhören.
Sarah
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Mittwoch, 07. August 2024
Überall sind Taschentücher verstreut, das Bett wurde seit Tagen nicht gemacht und auf dem Tisch stapelt sich das Geschirr. Nein, das ist nicht so ne Filmszene, in der die Protagonistin ne Trennung durchmacht, das war mein Zimmer letzte Woche. Und ich war einfach nur krank. Mich hat’s schon wieder erwischt und obwohl es nicht, wie im Film, an Herzschmerz liegt, merk ich trotzdem, dass es was mit meinem emotionalen Zustand zu tun hat.
Ich bin in letzter Zeit einfach richtig gestresst. Familie, Papierkram, die Uni … ich bin einfach nicht mehr hinterher gekommen. Die ganzen Sorgen, die ich mir deswegen gemacht hab, haben mich halt irgendwann auch körperlich mitgenommen. Ich weiß genau, was ich ner Freundin in meiner Situation geraten hätte: Verschaff dir einen Überblick und konzentriere dich auf eins nach dem Andern. Aber vor Allem: Kümmer dich um dich selbst und schau, dass du genug schläfst, isst und auch einfach mal Pause machst - ganz wichtig - ohne Schuldgefühle.
Klar, ich weiß, dass das alles wichtig ist. Hab ich’s gemacht? Äh, nein. Und deshalb sitz ich jetzt immernoch in Bergen von Taschentüchern. Ich glaub, mein Körper meint, er muss mir auf die harte Tour beibringen, dass ich auch mal ne Pause brauch. Ganz egal, ob ich das Gefühl hab, dass ich sie verdient hab oder nicht. Vielleicht sollt ich mich häufiger mal wie ne gute Freundin behandeln. Ich denk, das kann sogar ganz gut für die Gesundheit sein.
Sarah
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Dienstag, 06. August 2024
Ich konnte das früher gar nicht so nachvollziehen, dass man sich fühlt, als hätte man nen Auftrag von Gott. Dass man auf ne bestimmte Weise leben oder nen bestimmten Beruf ergreifen soll.
In meinem Kopf hat sich das so bisschen angehört, als wär Gott da wie so ‘n strenges Elternteil. Jemand, der verlangt, dass man Dinge opfert und den Weg geht, von dem er denkt, dass er der richtige für einen ist, und nicht den, den man selbst gehen möchte. Und so soll Gott sein?
Aber jetzt, wo ich etwas älter bin, seh ich das anders.
Ich möchte Lehrerin werden. Das ist mir zwar schon länger klar, aber das wird mir manchmal nochmal besonders deutlich.
Ich lern grade, wie ich meinen Unterricht später mal so gestalten kann, dass er Wissen vermittelt, aber auch motiviert und Spaß macht. Ich bin dann immer voller Ideen und Motivation und kann es gar nicht erwarten, vor ner Klasse zu stehen.
Es ist für mich einfach so wichtig, junge Menschen zu begleiten und ihnen das Werkzeug an die Hand zu geben, um sich in der Welt zurecht zu finden.
In diesen Momenten habe ich das Gefühl, okay, hier bin ich auf dem richtigen Weg, hierzu fühle ich mich hingezogen .
Sarah
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Montag, 05. August 2024
Ich find Duftkerzen echt super. Ich liebe es vor Allem, mich im Laden durch lange Reihen von bunten Gläsern zu schnuppern, um dann die Kerze zu finden, die für mich genau richtig ist. Wenn die Kerze erst mal bei mir zu Hause steht, dann sammelt sie häufig Staub. Ich will sie dann irgendwie nicht wirklich anzünden, weil ich mir denke, dass ich sie mir für später aufsparen will, für irgendeinen Moment, der besonders ist - die Dinger sind ja auch nicht ganz billig.
Als ich nem Freund davon erzählt hab, meinte er, sowas erinnert ihn immer an seine Großeltern. Die hätten ihr Leben lang geschuftet und haben sich gesagt, wenn sie in Rente gehen, dann genießen sie richtig das Leben. Sie haben sich so ziemlich alles Gute für später aufgespart - und dann sind sie leider ziemlich direkt, nachdem sie in Rente gegangen waren , krank geworden und verstorben. Alles, was sie sich aufgespart hatten, das konnten sie nicht mehr umsetzen.
Das ist natürlich total traurig, und ich fand’s schon irgendwie heftig, dass meine kleine Duftkerze ihn daran erinnert hat. Aber ich denke, er hat Recht - das Leben genießen, das fängt bei den kleinen Sachen an. Es ist ja was Besonderes, dass wir überhaupt leben. Vielleicht kann das auch Anlass genug sein, ein bisschen zu feiern. Ich werd zumindest heute Abend meine Duftkerze anzünden.
Sarah
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Sonntag, 28. Juli 2024
Seit etwas über nem halben Jahr geh ich jetzt regelmäßig ins Fitnessstudio. Ich find’s voll verrückt, mich daran zurückzuerinnern, wie’s für mich war, damit anzufangen.
Ich hatte damals irgendwie total Angst, was falsch zu machen und mich blöd anzustellen. Das hat für mich am Anfang echt Überwindung gebraucht. Nicht, weil ich lieber auf der Couch sitzen wollte, sondern, weil ich mir das nicht wirklich zugetraut hab. Ich dachte mir: Das ist nichts für mich, da pass ich nicht rein.
Und nur ein halbes Jahr später, find ich diese Vorstellung fast schon lustig. Ich hab so viel Spaß am Training, genieße die Gemeinschaft und liebe das Gefühl, meinem Körper mit dem Sport was Gutes zu tun. Es fühlt sich für mich einfach mega an, wenn ich merk, dass ich bei ner neuen Übung besser werde oder seh, dass ich insgesamt stärker werde. Diese kleinen Erfolgserlebnisse stärken mein Selbstbewusstsein und geben mir das Gefühl, dass ich über mich hinauswachsen kann. Als ich für ein paar Wochen nicht ins Fitnessstudio gehen konnte, weil ich krank war, hat mir das sogar total gefehlt.
Ich finde es krass, dass ich etwas, was mir so gut tut und so viel Spaß macht, fast nicht angefangen hätte, weil ich es mir nicht zugetraut hab. Aber so, wie ich es schaffe, Kreuzheben zu üben, kann ich vielleicht auch üben, mir ein bisschen mehr zuzutrauen.
Sarah
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Samstag, 27. Juli 2024
Ich sehe gerade irgendwie ständig Self-Care Content: Eine Gesichtsmaske nach der anderen, Zahnaufhellung und von Haarkur bis Haarentfernung ist alles dabei. Das wirkt fast schon so, als würde mir mein Algorithmus was sagen wollen.
Das hat mich dazu gebracht, etwas mehr über diesen Begriff nachzudenken. Self-care heißt auf Deutsch Selbstfürsorge; sich um seine psychische und physische Gesundheit kümmern. Ist also ne ziemlich wichtige Sache, damit es uns gut geht. Aber an die ästhetisch in Szene gesetzten Routinen voller teurer Cremes und Öle erinnert mich das jetzt nicht. Selbstfürsorge, das ist für mich eher Tagebuch schreiben, spazieren gehen, oder mit nem Buch entspannen.
Es mich dazu gebracht, nachzudenken, wie ich denn für mich selbst sorgen könnte. Und was ich jetzt gerade für meine psychische und physische Gesundheit tun kann.
Für mich ist das ganz klar- raus aus dem Stress und Ruhe finden. Konkret heißt das für mich, mir in meiner total vollen Woche trotzdem mal wieder Zeit zu nehmen, zu einer Andacht zu gehen oder zu beten, um meine Akkus wieder aufzuladen. Aber auch ein Workout, ein Spaziergang und ne Gesichtsmaske werden sicher dabei sein- Hauptsache, ich tu mir mal wieder was Gutes.
Sarah
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Sonntag, 02. Juni 2024
Es gibt ja für so ziemlich alles ein Tutorial; Wenn ich zum Beispiel wissen will, wie ich mir Curtain Bangs schneide, kann ich das einfach nachschauen. Manchmal wünsche ich mir, das würde es auch für die großen Sachen im Leben geben.
So ein Moment war, als meine Mutter vor sieben Jahren gestorben ist. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen soll. Und hätte gerne ne Anleitung gehabt, die mir sagt welchen Schritt ich jetzt als nächstes gehen muss.
Trauern ist so ein Ding, das unglaublich viele Menschen begleitet. Und trotzdem gibt es keine “eine” Antwort, die erklärt, wie das geht. Jeder Mensch, jeder Verlust und jeder Tag ohne den Menschen ist unterschiedlich.
Auch ich erlebe den Verlust meiner Mutter immer wieder anders. Manchmal bin ich dabei traurig, manchmal auch nicht.
Zum Beispiel hab ich neulich mit meinem Freund den Lieblingsfilm meiner Mutter angeschaut- “Harry und Sally”.
Dabei hab ich total an sie denken müssen. Ich hab dran gedacht, wie sehr sie sich freuen würde, mich so zu sehen, wie ich jetzt bin.
Als ich so die Nähe zu meiner Mutter nachspüren konnte, war das für mich nicht traurig, sondern fröhlich.
Und auch wenn ich mir damals ein Tutorial gewünscht hätte, weiß ich auch, dass ich meinen eigenen Weg finden musste, wie es für mich weitergeht.
Sarah
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Samstag, 01. Juni 2024
Mich beschäftigt in letzter Zeit total, dass queere Menschen, vor allem Transpersonen, so viel Hass ausgesetzt sind.
Vor allem in den USA wird gerade viel dazu diskutiert. Zum Beispiel wurden 2023 mehr als dreimal so viele transfeindliche Gesetzentwürfe verabschiedet, als im Jahr davor.
Mich stört in diesen Debatten vor allem, dass meine eigene Religion dafür verwendet wird, um Hass zu verbreiten.
Viele Menschen begründen ihre Transphobie so, dass Gott eine bestimmte Person als Mann oder Frau geschaffen hat. Und dass es deshalb gegen den Willen Gottes ist, sich nicht als das Geschlecht zu verstehen, als das man geboren wurde.
Das würde ja heißen, Gott würde nicht wollen, dass wir als Menschen wir selbst sein können. Das passt für mich gar nicht mit Gott zusammen.
Deshalb hat es mich besonders berührt, was der Autor Julian K. Jarboe zu dem Thema schreibt. Er findet es ist ein Segen Gottes, trans zu sein. Er vergleicht das damit, das Gott den Weizen, aber nicht das Brot geschaffen hat. Und wir Menschen daraus Mehl und Brot machen. Gott gibt uns Menschen auch die Möglichkeit, am Akt der Schöpfung teilzuhaben, indem wir uns selbst weiterentwickeln.
Ich finde diesen Gedanken total schön, dass Gott uns daran teilhaben lässt, uns selbst zu schaffen.